„Ständig vor Kameras zu stehen hat sich nicht mehr gut angefühlt“: Madeleine Alizadeh von DariaDaria über ihr Leben nach dem Modebloggen

„Ständig vor Kameras zu stehen hat sich nicht mehr gut angefühlt“: Madeleine Alizadeh von DariaDaria über ihr Leben nach dem Modebloggen

Madeleine „Maddie“ Alizadeh alias DariaDaria habe ich einst bei einem Blogger-Event in München kennengelernt, bei dem es um Haargummis ging. Ich fühlte mich als Ü30-Journalistin damals unglaublich fehl am Platze und habe mich an diesem Abend mit genau einer Person nett unterhalten. Das war sie.

Maddie war nicht nur sympathisch und bildhübsch, sondern bewegte sich schon damals wie ein Voll-Profi: Foto hier, Video-Interview da, Gruppenfoto na klar. Seitdem habe ich die Wienerin mit persischen Wurzeln immer wieder auf Veranstaltungen getroffen und aus der Ferne beobachtet, wie sie ihre Karriere als eine der bekanntesten Influencerinnen im deutschsprachigen Raum aufbaut.

Dann ändert sie überraschend den Kurs. Als eine der ersten Modeblogger spricht sie sich konsequent gegen die Fast Fashion von Zara & Co. aus und stellt ihre Ernährung auf vegan um. Statt über Fashion Week, Streetstyle und Beauty schreibt Maddie über nachhaltige Mode, Gleich-berechtigung und Tierschutz. Für ihre Arbeit reist sie u.a. in den Amazonas, um die Arbeit der dort ansässigen Kautschukzapfer zu dokumentieren, oder in den Irak, um der NGO „Vier Pfoten“ bei der Rettung eines Löwen und Bären zu helfen.

Und just in dem Moment, in dem alle jungen Mädchen gefragt nach ihrem Traumberuf nicht mehr „Popstar“, sondern „Influencer“ antworten, steigt Maddie aus. Im Herbst 2017 wendet sie sich vom Medium Blog ab, startete ihren Podcast a mindful mess und gegründet ihr Label Éthical, unter dem sie nachhaltige Mode vertreibt. Das ist aber nicht alles: Inzwischen hat Maddie auf Bali eine Ausbildung zur Yoga-Lehrerin gemacht.

Ich wollte wissen, wie es ihr heute geht und was sie am Modebloggen vermisst. Ihre Antworten lest ihr im Interview!

Liebe Maddie, du hast vor einiger Zeit deinen Ausstieg aus dem Modebloggerbusiness bekannt geben, dabei warst du super erfolgreich. Was war der Auslöser für diese Entscheidung?

Ich habe 2010 zu bloggen begonnen und nach sieben Jahren im Business festgestellt, dass es einfach Zeit für Veränderung ist. Immerhin habe ich zu dem Zeitpunkt ein Viertel meines Lebens mit Bloggen verbracht – das muss man sich mal vorstellen. Mir wurde das Ganze irgendwann nicht nur zu viel, sondern ich wollte auch etwas machen, was meiner Internetexistenz noch mehr Sinn gab. So sind mein Podcast „a mindful mess“ und meine nachhaltige Kollektion Éthical geboren.

Wie geht es dir nach deinem Burnout heute?

Ausgesprochen gut! Ich habe so viel gelernt auf dem Weg zu einem ausgeglicheneren Leben.

Was hat dir geholfen bzw. wie hat sich dein Leben seitdem zum Positiven verändert?

Mir hat vor allem Verständnis und Empathie mir selber gegenüber geholfen. Wir sind oft so hart zu uns selber, gehen mit uns selbst viel härter ins Gericht, als wir es je mit anderen tun würden. Heute fällt es mir leicht mir selber mehr Raum und Humor zu geben. Ich denke, es ist einfach Gelassenheit eingekehrt.

Wie und wo kam es zu dem Entschluss eine Ausbildung zur Yogalehrerin zu machen?

Nachdem ich seit mehreren Jahren Yoga praktiziere, wollte ich meine Praxis aufs nächste Level bringen. Zuerst war die Ausbildung nur für mich gedacht, ohne Kalkül jemals zu unterrichten. Doch während der Ausbildung hat es mir das Unterrichten so angetan, dass ich gleich im Anschluss damit angefangen habe.

Was gibt dir Yoga, was du in der Mode nicht finden konntest?

Ich finde das ist total schwer zu sagen, weil es zwei grundverschiedene Dinge sind. Yoga gibt mir Gelassenheit, Ruhe, Verständnis und Luft. Mode gibt mir die Möglichkeit komplett in meiner Kreativität, in Farben, Formen und dem Schaffen zu versinken.

Wo wirst du unterrichten und welche Art von Yoga praktizierst du?

Wo ich in Wien unterrichten werde ist noch unklar, da ich momentan noch mit einem Kreuzbandriss zu tun habe, der erst mal verheilen muss, bevor ich wieder richtig einsteigen kann. Ich unterrichte und praktiziere langsames Vinyasa-Yoga mit Anusara- und Yin-Elementen.

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Wie hat sich dein Körper seitdem verändert bzw. deine Einstellung zu deinem Körper?

Yoga hat mir sehr viel Raum innen drin gegeben. Raum für Fehler, für Selbstliebe, für Humor und Gelassenheit. Der gefestigte Körper und die Muskeln sind ein netter Nebeneffekt, aber nicht vorrangig für mich. Was ich wirklich gelernt habe ist die Limits meines Körpers ernst zu nehmen und mich selbst nicht zu kritisieren, wenn ich nicht flexibel genug bin oder eine tolle Pose nicht kann. Die größte Herausforderung ist ja tatsächlich auf der eigenen Matte zu bleiben und den Hammer, mit dem man sich immer auf den Kopf schlägt, wenn man was nicht kann, gegen eine Feder einzutauschen.

Wie kam es zu deinem ersten Nacktfotoshooting und wie hat es sich für dich angefühlt ohne Klamotten vor der Kamera zu stehen? Übrigens sehr schöne Bilder!

Die Fotografin Jenny kannte ich schon von einem Shooting in Wien und als wir beide zur selben Zeit auf Bali waren, war es klar, dass wir wieder zusammen arbeiten wollen. Sie schlug dann „nude“ vor und ich musste gar nicht lang überlegen. Das Shooting selber war so entspannt, so vertraut, es war wirklich toll. Jenny ist ein ganz toller Mensch, dem ich sehr vertraue, insofern war es eine wirklich schöne Erfahrung und ich bin total begeistert von den Fotos.

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Wie sieht dein Tagesablauf heute aus?

Ganz verschieden! Manchmal sehr entspannt mit Home Office und frühem Feierabend, manchmal sitze ich bis 2 Uhr Morgens und arbeite. Ich entscheide das auch immer nach Tagesverfassung.

Du schreibst weniger Texte, sondern machst vor allem Podcasts. Was macht dir an diesem Format so viel Spaß?

Ich liebe die Tatsache, dass man auf keinen Bildschirm starren muss, um Inhalte zu konsumieren. Außerdem finde ich, dass man noch viel „näher“ und authentischer sein kann als im Geschriebenen, wo ja doch vieles oft missinterpretiert wird.

Warum war dir ein Codex, in dem du dich u.a. gegen Echtpelz, Fleisch und die Milchindustrie aussprichst, für dein neues Format wichtig?

Es war eigentlich eher aus praktischen Gründen. Ich werde so oft zu so vielen Themen befragt und da ist es einfach praktisch einen Codex zu haben, wo alles einfach und kategorisch aufgelistet ist. So kann ich immer darauf verweisen, wenn Fragen auftauchen.

Was vermisst du an früher – oder vermisst du gar nichts?

Ich vermisse eigentlich nichts. Es war eine wunderschöne Zeit als Bloggerin, aber vor allem gegen Ende hin gab es viele Dinge, z.B. ständig vor Kameras stehen, die sich nicht gut angefühlt haben.

Was würdest du Leute raten, die sich in einer ähnlichen Situation wie du damals befinden?

Die Seele sagt einem immer, was richtig und gut ist, man muss nur hinhören.

Was kommt 2018 bei DariaDaria?

Zum einen viele neue, schöne Teile für Éthical und zum Anderen möchte ich, sobald mein Knie verheilt ist, vermehrt Yoga unterrichten und vielleicht auch irgendwann mal ein Retreat organisieren.

Viel Erfolg und Namasté, liebe Maddie!

Maddies TED Talk „I started a Blogger Revolution“ müsst ihr euch anschauen:

(Fotos: Maximilian Salzer, Andrea Cislaghi)

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