24 Pakete bestellt jeder Deutsche pro Jahr. Bei mir sind es 24 im Monat. Deshalb gibt es immer wieder Streit zwischen mir und Flori. Auch in meiner ersten Ehe war meine Bestelleritis ein Problem.
Es sind nicht nur Windeln und Feuchttücher oder Klamotten für Baby Peng, die so irre schnell wächst und jede Woche neue T-Shirts für die Kita braucht. Es sind reduzierte High-Heels für den Abiball meines Neffen, obwohl ich gar nicht auf hohen Schuhen laufen kann. Es ist ein Samt-Gürtel in zwei verschiedenen Farben und zwei verschiedenen Breiten, weil ich mich nicht entscheiden konnte. Es sind Crinkle Bikinis, Strohhüte mit schwarzen Ripsbändern, gestreifte T-Shirts, kornblumenblaue Off-Shoulder-Kleider aus Leinen – alles, was man jetzt so trägt.
Zu meiner Verteidigung sage ich immer: „Mode ist mein Job.“ Flori brüllt dann zurück: „Du hast eine Verantwortung für ein Kind!“ Macht mich mein prall gefüllter Kleiderschrank glücklich? Nein. Die meisten der Pakete gehen zurück. Es geht nur um den Kick pro Klick, weil ich etwas Verbotenes und so in meinen oftmals einsamen Alltag als selbstständig arbeitende Mutter etwas vergleichsweise Aufregendes tue. Denn wir sind nicht reich und brauchen jeden Euro für unser Leben und das Haus. So bald die Sachen hier stehen, ist der Rausch vorbei und ich fühle mich schuldig.
Bei dem Umzug meiner Mutter letztes Wochenende habe ich gesehen, was dieses ganze Zeug in den Schränken wirklich mit einem macht: Wir sind Gefangene. Meine Mutter hat jahrelang in einem viel zu großen Haus gelebt, weil sie nicht mehr wusste, wie sie den Dingen in den Schränken jemals Herr werden sollte. Trotzdem hat sie immer noch mehr gekauft: Schuhe, Winterjacken, Haushaltsgeräte, süßen Hausmachersenf.
Als wir Kinder kamen, flog alles aus dem Fenster in einen Container auf dem Hof. Meine Mutter feilschte um jedes Blatt Papier, wollte sich von nichts trennen. Ich veröffentlichte eine Online-Anzeige, damit die guten Sachen neue Besitzer bekamen. Es hat so viel Spaß gemacht, die Sachen an jemanden zu verschenken, der damit etwas anfangen kann. Am Ende des Tages war der Berg Sperrmüll deutlich kleiner und meine Mutter hielt eine Pralinenschachtel in der Hand, die ihr ein freundlicher Ungar als Dankeschön für ein altes Weinregal geschenkt hatte. Sie lächelte.
Gestern wurde der Sperrmüll abgeholt. Der Hof ist bis auf den Container fast wieder sauber. Meine Mutter fühlt sich in ihrer neuen Wohnung wohl, obwohl sie erst im August einen TV-, Telefon- und Internetanschluss bekommt. Bis dahin will sie abends lesen. Ich beneide sie um diese Freiheit. Für mich ist deshalb klar: Auch ich will weniger haben. Weniger Dinge, die ich gar nicht brauche (27 Paar Turnschuhe). Weniger Dinge, die ich nicht mehr benutze (27 Paar Turnschuhe). Weniger Dinge, die mir nichts bedeuten (27 Paar Turnschuhe).
Deshalb verkaufe ich nicht nur jede Menge auf eBay-Kleinanzeigen (u.a. meine Leo Ankle Boots!), sondern verschenke ganze Outfits. Was ihr dafür tun müsst: Bitte alexavonheyden auf Instagram folgen und bis zum 1.8. jeden Donnerstag meine Insta-Stories anschauen! Am 27.7. geht’s los. Das sind die Teilnahmebedingungen!
PS: Den mintgrünen „Ellesse“-Anzug hat meine Mutter über 30 Jahre im Schrank aufbewahrt. Ich weiß noch, wie sie darin den Rasen im Garten gemäht hat. Diese Erinnerung an mein Elternhaus, das es jetzt nicht mehr gibt, macht mich glücklich. Deshalb werde ich dieses Teil in Ehren halten. Es bedeutet mir etwas.