Kolumne: Unser Leben ist eine Baustelle – 3

Kolumne: Unser Leben ist eine Baustelle – 3

Die Küche ist der zentrale Familien-Treffpunkt eines jeden Hauses. Bei uns war genau an dieser Stelle sechs Monate lang ein Loch. Die Arbeitsplatte fehlte und jeden Morgen schaute ich in die großen, schwarzen Bäuche der leeren Schränke. Da wir eine maßangefertigte Steinplatte bestellt hatten, dauerte die Lieferung länger. Nicht aber, weil es in Deutschland ein Mangel an Steinplatten gibt. Nein, es herrscht ein Mangel an Monteuren. In meinem nächsten Leben werde ich Maurer, Tischler oder Gas-Wasser-Installateur, so viel steht fest. Man wird von den Kunden hofiert, kann sich unter den zahlreichen täglich eintrudeln Angeboten die Rosinen rauspicken und bekommt vor Ort kostenlos Kaffee, Kuchen und Frikadellen serviert.

Als die Monteure endlich zu uns kamen, um unsere Arbeitsplatte aufzubauen, hatte ich mich daran gewöhnt Nudeln auf einem Campingkocher zu garen und den anschließenden Abwasch in der Badewanne zu erledigen. Vielleicht ist die lange Wartezeit auf eine Maßanfertigung eine Erinnerung des Baugotts an unsere Demut. Denn wenn man selbst ein Haus saniert und jedes Detail selber bestimmen kann wird man nicht nur perfektionistisch, sondern egozentrisch. Man selbst dreht sich nur um das Haus – also sollen es auch alle anderen tun. Da zeigt einem das gesamte deutsche Handwerk aber leider einen Vogel. Ich habe so gelernt die Dinge loszulassen, die ich nicht ändern kann.

Es gibt ohnehin jede Menge anderes Zeug in der Villa Peng zu tun, denn mit dem Beginn des Sommers wird unsere To-do-Liste immer länger. Ich muss zum Beispiel Flieder stechen, ein neues Hobby, um das ich nicht gebeten habe, aber in unserem Garten treibt ein Fliederbaum sein Unwesen. In einem Schlagerlied noch besungen, gilt das Gewächs in Wahrheit auf dem Land als Plage, weil es seine Wurzeln gerne durch Bauwerke stemmt. Unsere Eingangstreppe ist deshalb akut einsturzgefährdet. Derweil warten wir auf die Auftrag-Bestätigung des Maurers für die Sanierung der 1. Etage. Mal sehen, ob er sich dieses Jahr noch meldet.

Dieser Text ist in der Zeitschrift „Wohnen“ erschienen.

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