Zum 10-Jährigen (HOW?!) hat Flori mir geschenkt, was ich mir immer wünsche: unterwegs zu sein. Ein Wochenende ohne Kind im Bleiche Resort & Spa zu verbringen, das stand schon lange auf meiner Bucket List. Das Hotel im Spreewald gilt neben dem Vabali Spa in Berlin in unserem Umkreis als die Wellnessoase schlechthin.
Auch wenn ich nicht so gerne in die Sauna gehe, mag ich alles andere, vor allem Rückenmassagen, Lymphdrainagen oder Mani- und Pediküre. Die Koffer wurden also mit Badezeug, chicen Kleidern für den Abend und jeder Menge Vorfreude auf den Kurzurlaub vor den Sommerferien (welch ein Luxus!) gepackt. Am Morgen der Abreise erreichte uns dann die Hiobsbotschaft: Floris Mutter war in der Nacht schwer gestürzt und Paulis Reise mit den Großeltern wurde abgesagt. Also kam sie doch bei uns mit, was kein Problem war: Die Bleiche berechnet unkompliziert pro Kind 65 Euro/Tag, wobei der Saunabereich den Erwachsenen vorbehalten ist. Fand ich okay und die Hauptsache ist ohnehin, dass die Oma auf dem Weg der Besserung ist!
Das Wochenende hat inklusive zwei Übernachtungen, Frühstück, Mittagssnack mit Wasser, Wein und Saft, Kaffee & Kuchen am Nachmittag, Abendmenü, Wasser aus dem Zimmer, ganztägigem Spa-Besuch + vier Anwendungen rund 1.700 Euro gekostet. War es das wert?
Hmmm, jein. Der Preis war für das Hotel und seinen Komfort (keine Klimaanlage, selbst im Spa und den Suiten nicht – wir konnten bei 30 Grad nicht pennen, da half auch der Billig-Ventilator ohne Timer nichts) an sich definitiv zu teuer, aber durch die Preispolitik war das Publikum entsprechend „gut“. Pluspunkte bekommt von uns die Gastro und das Kino mit den großen Sesseln, auf denen wir zu dritt nach dem Abendessen am ersten Abend alle drei eingepennt sind, wären „Die Verachtung“ mit Brigitte Bardot auf der Leinwand lief.
Die Fassade bröckelt allerdings. Überall entdeckt man renovierungsbedürftige Ecken, z.B. die gesplitterte Holzterrasse des Fitnessstudios, beschädigte Deko-Statuen, den rostige Eingangsbereich, das olle Dach, die Kunstrasenmatten im Garten, grellgrüne Auslegeware auf den Fluren, Bauruinen mit Armierungseisen, die sich sinnlos in den Himmel strecken – wir waren ratlos, dass kein Sichtschutz aufgestellt wurde, um die Schandflecken zu verstecken. In der Lobby gab es keinen geraden Lampenschirm – die habe ich zurechtgerückt. Eine Kahnfahrt konnten wir leider auch nicht machen – keen Kahnführer da!
Also hingen wir den ganzen Tag am Pool ab, was für unsere Tochter das Schönste war, weil sie den ganzen Tag draußen schwimmen und auch in die Kindersauna hüpfen konnte. Ich habe mich derweil im Buchladen mit Lesestoff eingedeckt, zum Beispiel: „Wie ein Fisch im Wasser – Geschichten vom Schwimmen“ (Diogenes) mit Geschichten von John von Düffel, Doris Dörrie, Benedict Wells, Zsuzsa Bánk und F. Scott Fitzgerald weil ich auch wieder mit Schwimmen angefangen habe.
Nach einem großen Frühstück mit köstlichen regionalen und liebevoll präsentierten Lebensmitteln (es gab zum Beispiel eine „Käsekammer“), gab es mittags eine Suppe und Kuchen, abends dann in dem riesigen Restaurant oder auf der Terrasse ein dreigängiges Abendmenü und Drinks (extra Rechnung), das wir sehr genossen haben. Unser Kind schlief um 19 Uhr auf einem Outdoorsofa auf der Wiese vor dem Restaurant ein, bis ihr Vater sich zu ihr setze und der Stuhl unter seinem Hintern zusammenbrach.
Wir empfanden unseren Aufenthalt schön, würden bei unseren nächsten Spreewaldbesuch inklusive Kahnfahrt (im Juni: Glühwürmchenfahrt buchen!) aber gerne zum Vergleich das Strandhaus in Lübben testen. Es wirkte ein wenig so, als würde der Besitzer der Bleiche die letzten Jahre vor dem Ruhestand aussitzen, um das Hotel dann zu verkaufen und die Renovierung der neuen Besitzer*in überlassen zu wollen. Schade, denn dieser Ort hat Aufmerksamkeit und Liebe verdient!