Kolumne: Familienglück

Kolumne: Familienglück

Diese Woche habe ich dich Katze aus dem Sack gelassen: Ich bekomme ein Baby. Deshalb war auf meinen Seiten in den letzten Monaten kaum etwas los. Entweder habe ich geschlafen, alles was komisch roch aus der Wohnung verbannt (Zwiebeln, Duftkerzen, nasse Wäsche) oder Leberwurstbrote mit Pomelo gegessen.

Falls jemand jetzt denkt „Wie gemein, die alte Kuh ist schwanger und ich nicht“ – so einfach war es bei uns nicht. Über ein Jahr hat es gedauert und zwischendurch habe ich immer wieder daran gezweifelt, dass es klappt und überlegt, ob ich in meinem Leben auch ohne Kind glücklich werden kann.

Die Antwort war jedes Mal: Nein, ich wünsche mir ein Baby. Ich wollte immer viele Kinder haben und sah mich mit mindestens drei blonden Pupshosen auf dem Arm. Dass es mit 38 Jahren nicht mehr so einfach ist schwanger zu werden, war eine Erkenntnis, die ich lange nicht wahrhaben wollte. Mein ganzes Leben wurde ich darauf getrimmt bloss nicht zu früh Mutter zu werden, sondern jeden Morgen die Pille zu nehmen, mein Abi zu machen, zu studieren und einen guten Job zu finden. „Bevor ich schwanger werde, muss ich finanziell unabhängig sein.“ Das war mein Mantra.

Als freie Journalistin ist mir das leider nie gelungen und auch ein Spiegel-Bestseller im Regal bedeutet keinesfalls, dass man sich zurücklehnen kann. Also bin ich immer weiter im Hamsterrad gejoggt und habe die Frauen, die relativ früh schwanger wurden und somit beruflich pausieren mussten, beinahe bemitleidet, so nach dem Motto „Die ist dann jetzt wohl raus.“

Rückblickend stelle ich fest, dass die meisten tollen Jobs oder Redaktionen, in denen ich gearbeitet habe nicht heißer als ein lauwarmer Furz waren. Ich habe die fruchtbarste Zeit meines Lebens (ab 35 geht es mit den Eizellen, der Chance schwanger zu werden und ein gesundes Kind zu bekommen rapide bergab) hinter dem Computer verbracht und mich nicht getraut pünktlich Feierabend zu machen, weil ich eine Perspektive in dem Laden haben wollte. Ich wollte Sicherheit. Die meisten dieser Projekte gingen pleite oder ich wurde rausgeschmissen, weil der Chefredakteur rausgeschmissen wurde und der neue Chef seine Leute mitbrachte.

Die einzige Konstante, die es in meinem Leben immer gab, ist und bleibt: meine Familie. Wer meine Bücher kennt, der weiß, dass dunkle Zeiten hinter uns liegen. Umso glücklicher schätze ich mich heute mit einem Mann an meiner Seite, der mich vor zwei Jahren beiden Füßen aus einem tiefen Loch gezogen hat und seitdem jeden Tag mit Liebe überschüttet.

Auch er hatte beruflich viel Stress, der unserem Traum im Weg stand. Er war so mutig die richtige Entscheidung zu treffen und sich von Leuten zu trennen, die Smoothies nach sich selber benennen und ihn fast in ein Burnout getrieben haben. Jetzt streichelt er abends meinen Bauch und sagt: „Es wird wirklich wahr – bald turnt hier ein kleiner Mensch durch unsere Wohnung.“

Ich dagegen musste lernen loszulassen. Ich war so versessen darauf schwanger zu werden, dass ich jeden Morgen Yoga machte und versuchte mich vegan zu ernähren, in der Hoffnung durch den Verzicht von Milch und Fleisch meinen Hormonhaushalt in den Griff zu bekommen. Es brachte alles nichts.

Erst ein Arztwechsel und eine Umstellung meines Tagesablaufes brachten den Durchbruch. Obwohl ich mich ein Jahr dagegen gewehrt habe musste mich aufgrund der Empfehlung meiner neuen Ärztin operieren lassen. Nach drei Monaten Heilung bekam ich eine hohe Dosis Hormon-Tabletten, spritze mich jeden Morgen in den Bauch und war gefühlt 88. Mal in diesem Jahr beim Ultraschall. Aber ich musste durch diese Behandlung, auch wenn es mich maßlos ankotze, dass andere Frauen nur mit ihrem Mann ins Bett gehen müssen und ein paar Wochen später einen positiven Schwangerschaftstest in der Hand halten.

Die Wahrheit ist, dass viele meiner Freundinnen und Bekannten ebenfalls Probleme mit dem Kinderkriegen haben. Wir alle wissen, wie frustrierend und nervenaufreibend das Hoffen und die Warterei sind. Eine meiner liebsten und engsten Freundinnen sagte immer: „Lexi, dein Kind wird kommen.“ Sie hatte Recht und ihr könnt euch nicht vorstellen, wie dankbar ich dafür bin.

PS. Der „Mother Earth“-Pullover ist von Black Velvet Circus. Danke, Tanja und Melanie!

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