Kolumne: Family First – und warum es mein Label VONHEY in Zukunft nicht mehr geben wird

Kolumne: Family First – und warum es mein Label VONHEY in Zukunft nicht mehr geben wird

Vorletzte Woche musste ich das erste Mal mit Baby Peng in die Notaufnahme. Sie war mit einem Stuhl umgekippt und hatte sich die Lippe aufgeschlagen und den Schädel geprellt. Während sie fiel, saß ich am Rechner und habe gearbeitet. Die ganze Woche war super busy, ich hatte so viel zu tun, dass ich alle ihre Spieldates absagte und sogar einen Termin beim Kinderarzt für die U6 ausfallen ließ. In der Notaufnahme hielt ich mein weinendes Kind im Arm und schwor mir: „Das passiert mir nie wieder.“ Natürlich kann ich nicht verhindern, dass sie auf die Nase fällt, aber ich werde nie wieder meine Bequemlichkeit über ihre Bedürfnisse stellen.

Nach einer weiteren schlaflosen Nacht kam die Einsicht: Ich bin jetzt Mutter und kann nicht mehr so arbeiten wie früher, zumindest nicht, so lange die Kleine nicht in der Kita ist. Und selbst dann, so sehe ich es bei Freunden und Bekannten, muss man immer parat stehen, falls das Kind krank wird und man zusammen zuhause bleiben muss. Als Arbeitnehmer ist es ein Manko, als Mutter eine Selbstverständlichkeit.

„In Deutschland muss man sich entscheiden. Entweder Karriere oder Mutterschaft. Beides geht nicht“, sagt Malin Elmlid in einem Interview mit „DIE ZEIT“.

Für mich steht meine Familie an erster Stelle – daran musste ich mich aber selbst erinnern, als ich ratzfatz wieder in alte Muster und 10-Stunden-am-Rechner-Tage fiel. Die Erziehung hängt zu 95% an mir, da Flori in seinen Gastronomiebetrieben keinen Normalo-Job hat und täglich nach Berlin pendelt.

Nach einem Streit bot er mir an, dass er Elternzeit macht und ich wieder Vollzeit arbeite. Ich habe laut gelacht, denn er unterschätzt was es bedeutet, den ganzen Tag ein Baby zu hüten. Und wieso denken die Männer eigentlich immer, dass Kinderbetreuung eine Art Urlaub sei? Ich warf ihm vor, dass ich mich trotz der Dreifachbelastung – Kind, Haushalt und Job – nie wertgeschätzt fühle. Im Gegenteil: Meine Selbstaufgabe scheint selbstverständlich, denn irgendwer muss das Klo putzen, Wäsche waschen, Milch kaufen und die Handwerker für die Villa Peng delegieren.

Meinen Karriere-Knick nehme ich hin. Ich habe keine tolle Position in einem großen Unternehmen – na, und? Ich werde als freie Journalistin weiterhin für die besten Magazine arbeiten; auf der anderen Seite kann ich nach 15 Jahren Berufserfahrung nicht mehr „Somebodys Soldier“ sein, sondern möchte selbstbestimmt mein eigenes Ding machen. Dazu gehört auch, dass ich manche Dinge nicht mehr mache. Mein Label VONHEY wird es in Zukunft nicht mehr geben. Ich habe einfach keine Zeit mehr dafür und ehrlichweise war es in den letzten Jahren eher ein Hobby, als ein Business. Ich bin keine Designerin und nur so nebenbei funktioniert kein Label der Welt. Aber schön war’s und ich bin dankbar für all die lieben Emails und Kontakte, die ich in dieser Zeit knüpfen durfte.

Denn was ich mache, möchte ich gut machen. Vor allem möchte ich mich gut um mein Kind kümmern, denn ich werde 40 und sie bleibt vielleicht mein einziges Baby. Sie muss nicht funktionieren (=brav sein), damit ich auf jeder Hochzeit tanzen kann. Ich will Zeit für sie haben. Sie steht jetzt ohne festhalten und für kein Geld der Welt will ich einen dieser Momente verpassen.

Bei der Krabbelgruppe hier in unserer neuen Wahlheimat Wusterwitz war neulich eine Psychologin, die über Kindererziehung referiert hat. Sie nannte die drei „Gs“ als Grundlage der Erziehung: Geduld, Gelassenheit und Geborgenheit. Ein schönes Synonym für Geborgenheit ist „Nestwärme“. Die funktioniert nur, wenn Mama nicht dauernd am Rechner sitzt und in die Tasten hackt.

Meine Kolumne „Kleine Brötchen backen“ ist übrigens einer der am meisten gelesen Artikel auf Alexa Peng. Scheint so, als ginge es vielen ähnlich wie mir. Irgendwann kommt die Einsicht: Wozu das Ganze? Was brauche ich wirklich? Ich brauche meine Familie. Der Rest ist nicht so wichtig.

(Foto: Caro Evers)

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