„Über was beschwert die sich?“, wird sich angesichts der Überschrift vielleicht so mancher Leser fragen. Tatsächlich befinde ich mich in einer sehr glücklichen Phase meines Lebens: Netter Mann, gesundes Kind, Haus am See. Doch es gibt auch immer wieder Tage, an denen mich die Selbstzweifel fast zerfleischen.
Es sind Tage, an denen ich der Vergleicheritis („comparititis“, wie Camille Charriere auf Instagram schrieb) erliege, das Gefühl habe, aufgrund von Schlafmangel und Antriebslosigkeit nichts auf die Kette zu bekommen oder im Job schlechtes Feedback bekomme. Das passiert immer wieder und ist normal – aber irgendwie stecke ich solche Downs gerade nicht gut weg.
Ich verschwinde dann immer ein paar Tage offline, igle mich zuhause ein und starre ins Leere. Auf Instagram habe ich seit über einer Woche kaum etwas gepostet. Ich erlebe nix besonderes, habe nix dolles zu sagen und finde nix so spannend, dass ich es unbedingt posten müsste.
In solchen Momenten denke ich: Oje, wie soll das alles weitergehen? Wozu mache ich das hier eigentlich? Werde ich mit 50 noch als Freie schreiben, Influencer und Blogger sein wollen? Die Zukunftsangst bibbert in mir, denn ich kann mir nicht mal ansatzweise vorstellen, wie mein Beruf in 20 Jahren aussehen wird.
Zum Vergleich: Ich habe vor 21 Jahren Abi gemacht. Damals hatte niemand einen Laptop, iPad oder Handy. An unserer Schule gab es genau drei Nerds, die den Computer-Kurs besucht haben. Ich dachte damals immer: „MS-DOS, was fürn Scheiß – wer braucht denn so etwas?“
Jetzt mit 40 habe ich das Gefühl, etwas geleistet haben zu müssen. Und zwar etwas von Wert, Dauer und Nachhaltigkeit. Habe ich aber nicht. Es gibt keine Lorbeeren, auf denen ich mich ausruhen könnte. Stattdessen muss ich das Rad jeden Tag aufs Neue zum Laufen bringen und frage mich dabei immer wieder, ob es gut ist, was ich mache. Bin ich cool genug? Interessieren meine persönlichen Gedanken außer meiner Mutter noch irgendjemanden auf dieser Welt und wer will wirklich sehen, was ich anziehe oder wie ich unser Haus einrichte?
Als ich mit Tränen auf dem Sofa saß, hat Flori etwas Wichtiges zu mir gesagt: „Du definierst dich nur über deinen Job. Aber du bist doch viel mehr als das.“ Seine Worte waren wie eine Umarmung. Er hatte Recht. Mein Job ist dafür da, um Geld zu verdienen, mit dem ich unseren Lebensunterhalt mitfinanziere. Wenn ich etwas machen kann, das Geld und Spaß bringt, so wie Alexa Peng, umso besser. Wenn aber alle Stricke reißen, würde ich wieder Klamotten verkaufen oder kellnern, so wie ich es während meines Studiums und in Phasen kurzer Arbeitslosigkeit immer gemacht habe.
Selbst wenn ich putzen müsste, würde mir dabei kein Zacken aus der Krone brechen, denn ich würde es für meine Familie tun. Und da wären wir bei dem, was mich wirklich ausmacht: meine persönlichen Beziehungen. Die zu meinem Kind, meinem Partner, meiner Familie und meinen Freunden. Und es liegt an mir, diese Beziehungen zu pflegen.
Spontan habe ich deshalb meine Freundin Anja angerufen. Ich wollte sie seit sechs Monaten (!!!) zurückrufen und habe es wegen der Arbeit immer wieder verschoben, so wie ich viele Treffen mit Freunden immer wieder und andauernd verschiebe, weil etwas dazwischen kommt oder jemand bei uns krank ist. Anja kennt mich, seitdem ich 12 Jahre alt bin und mit ihr zu sprechen war so, als säßen wir wieder nebeneinander auf der Schulbank. Ihr habt vielleicht auch eine Freundin oder Freund mit dem das genau so ist. Anja ist ebenfalls Mutter und so konnten wir uns innerhalb von einer Stunde nicht nur über die Kinder, sondern ganz nah und innig über den Drahtseilakt zwischen Familie, Job und Partnerschaft austauschen. Es tat mir so gut mit ihr zu sprechen, denn wir haben viel gelacht. Danach war ich richtig glücklich. Freundschaften zu pflegen, fällt mir zwar angesichts der täglichen To-do-Listen zwar schwer, aber ich habe kapiert, wie wichtig sie für mich sind.
Wenn Baby Peng jetzt nachhause kommt, versuche ich den Rechner sofort wegzulegen. Ich konzentriere mich dann nicht nur ganz und gar auf meine Tochter, sondern auf meine Rolle als Mutter. Denn wenn ich an einem normalen Wochentag nichts anderes als Arbeit und Haushalt in meinem Leben stattfinden lasse, habe ich gar keine Chance einen Ausgleich schaffen, der mich erfüllt.
Dazu zählt auch, dass ich mehr Sport mache. Da ich im Winter nicht mehr so viel Fahrrad fahren kann, muss ich jetzt Work-outs einlegen. Das ist nicht nur für meinen Körper wichtig, sondern vor allem für meine Birne. Jeden Morgen halte ich mir nun 20-30 Minuten frei, die nur mir gehören und in denen ich etwas für mich und mein Wohlbefinden tue.
Es ist sagenhaft, weil es funktioniert. Ich bin nicht nur besser drauf, sondern komme auch wieder auf gute Ideen. Vielleicht bin ich nicht die coolste, schönste und erfolgreichste Frau unter dieser Sonne. Aber ich bin bei mir.
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