Kolumne: Kleinere Brötchen backen

Kolumne: Kleinere Brötchen backen

„Bestseller-Autorin, Modejournalistin, Schmuckdesignerin und Bloggerin“: Wenn mich jemand so vorgestellt hat, habe ich mich fast ein bisschen geschämt. Was nach außen hin so erfolgreich und umtriebig wirkte, ging mir selbst schon lange auf die Nerven. Alles machen, aber nichts so richtig – bei mir führte die Vielzahl meiner Projekte zu einer dauerhaften Unzufriedenheit.

Mit der Geburt meiner Tochter vor sieben Monaten hat sich das Problem von alleine gelöst. Ich bin jetzt Vollzeitmami und backe gezwungenermaßen kleinere Brötchen.

Noch während der Schwangerschaft habe ich im Familien- und Bekanntenkreis rumgetönt, dass ich nach acht Wochen wieder arbeiten wolle und sich mein Kind gefälligst nach mir zu richten habe – nicht umgekehrt. Eh, ja. Pustekuchen. Baby Peng ist die härteste Chefin, die ich je hatte. Sie ist verschmust und lustig – aber wehe, ich setze mich an den Rechner.

Ich musste vom 5. Gang in den 1. schalten und fiel von 10 Stunden täglich Content schrubben runter auf 1-2 Stunden locker bloggen in der Woche. Manchmal geht gar nichts, weil wir spielen, kuscheln, sie weint oder ich vor Müdigkeit auf dem Boden neben ihr einschlafe.

Ich hatte Angst vor der Elternzeit, weil ich alle meine freien Jobs aufgeben musste, wegen dem Baby zu keinen Events mehr gehen kann und aus der Branche, in der ich arbeiten wollte, seitdem ich ein kleines Mädchen war, rausfliege. Aber es fühlt sich ok an, auch wenn ich tage- und nächtelang mit meinem Kind alleine bin, weil Papi arbeitet. Ich habe nicht das Gefühl, dass ich etwas verpasse. Im Gegenteil. Meine Tochter ist real, vieles andere ist es nicht.

Das hört sich wie eine beleidigte Leberwurst an, denn ich bin ja nicht die Chefredakteurin der Vogue. Vielleicht hat es mit meinem Alter zu tun, aber ich will nicht mehr ständig um meinen Platz fürchten. Ich bin raus und das ist ok.

Auch finanziell ist nach der Schwangerschaft vieles anders. Mit dem Elterngeld steht mir im Moment weniger als die Hälfte der Kohle zur Verfügung, die ich früher netto verdient habe. Und siehe da: Nach einer kleinen Umstellungsphase funktioniert es wunderbar. Denn während ich früher immer mehr gearbeitet und immer mehr verdient habe, wurden auch meine Wünsche immer größer.

Ich saß vor dem Rechner und hatte das Gefühl, mich selbst mit Klamotten, Schuhen und Beautyzeug für das Leben da draußen, das ich verpasse, entschädigen zu müssen. Also brachte der DHL-Mann fast jeden Tag neue Pakete. Am Anfang habe ich mich gefreut und alles behalten, zum Schluss habe ich die Pakete noch nicht mal mehr ausgepackt, hinter dem Bett versteckt und die Sachen, ohne anzuprobieren, retourniert.

Isabel Marant, Chanel oder Céline: Ich war kaufsüchtig. Trotz der schönen Dinge in meinem Schrank fühlte ich mich leer.

Wie genau sich das nächste Jahr gestalten wird, wenn ich ab Mai wieder arbeiten muss, weiß ich nicht. Ich möchte die Zeit mit meiner Tochter genießen. Ich bin 39 und Baby Peng ist das Ergebnis einer nicht unkomplizierteren Kinderwunsch-Therapie. Vielleicht bleibt sie mein einziges Kind und ich will ihre wichtigsten Momente nicht verpassen, weil ich auf einer Party war oder am Computer saß (sie schläft jetzt).

Mit der Villa Peng habe ich jetzt ein Ziel vor Augen und ein Projekt, das mich mit Flori noch mehr zusammenschweißt. Manchmal bekomme ich Panikattacken, aber ich ziehe für meine Tochter aufs Land, denn ich möchte, dass sie eine freie und wilde Kindheit erlebt, irgendwann mal ein Haus erbt und sich dann entscheiden kann, ob sie es verkauft, auf Weltreise geht oder selber mit ihrer Familie dort einzieht.

Wie schön, dass ich heute sagen kann: Mein Leben macht Sinn. Angst vor der Zukunft habe ich keine.

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