Kolumne: Unser Leben ist eine Baustelle – 8

Kolumne: Unser Leben ist eine Baustelle – 8

Zwar haben wir jetzt zwei spektakuläre Dachflächenfenster und eine funktionierende Wasserleitung, trotzdem ist unser neues Badezimmer noch nicht fertig – und es kann dauern. Der Handwerkermangel ist wirklich ein Problem. Nicht nur in Brandenburg, sondern auch Berlin und Potsdam, wie man hört. Als ich bei einer lokalen Fliesenlegerfirma anrief, sagte man mir, ich solle mich Mitte 2020 melden. Die Auftragsbücher seien voll und es gäbe keine Möglichkeit ein Projekt, auch nicht die Walk-in-Dusche einer verzweifelten Hausfrau und Mutter, dazwischen zu schieben.

Ich frage mich, warum mir nach dem Abitur alle geraten haben zu studieren – mein Diplom als Kulturjournalistin wollte bislang nie einer sehen, aber als Fliesenlegerin, Metallbauerin oder Malermeisterin hätte ich meine Schäfchen längst im Trockenen! Ich habe also gelernt: Drei Jahre nach dem Hauskauf stellt uns das Leben auf der Baustelle immer wieder vor neue Herausforderungen. „Fertig“ gibt’s nicht – daran müssen wir uns gewöhnen. Viele Projekte in der Villa Peng haben wir dynamisch und voller Arbeitseifer angepackt – und dann sind die Werkzeuge doch irgendwann liegen geblieben, weil wir mit unserem DIY-Wissen und YouTube-Videos nicht weiterkamen oder ein Wochenende wie unsere Freunde komatös auf dem Sofa liegen und Kartoffelchips essen wollten.

Man könnte sagen: Wir haben uns mit unseren Eigenleistungen ganz schön verzettelt.

So irrlichtere ich zwischen dem verstaubten Haushalt und meinem neuen Beeren- und Gemüsegarten hin und her, der aufgrund meiner zwischenzeitlich mangelnden Präsenz (ich habe schließlich einen Job!) von Blattläusen und Tigerschnegeln erobert wurde. Mein Mann bohrt derweil mit seinem Vater faustgroße Löcher in die Wand des Badezimmers, in die irgendwann mal die Steckdosen und Lichtschalter reinkommen. Auf die Frage warum er das mache, wenn doch der Fliesenleger eh erst nächstes Jahr Zeit habe, antwortete er mir: „Dann haben wir das schon mal erledigt.“

Diesen Spruch höre ich oft. Statt Prioritäten zu setzen, wird das abgearbeitet, was man in dem Moment gerade machen kann. So entsteht ein patchwork-artiges Gebilde, welches Profi-Handwerker mit einem leisen „Oweiah“ kommentieren. Auch schön ist die Aussage: „Das hatten wir noch zu liegen.“ So machen uns unsere Verwandten und Nachbarn immer wieder Geschenke, um die wir weder gebeten haben, noch brauchen.

Wir sind nun ratlose Besitzer eines zweiflügeligen Eisentors, vier braunen Holzstühlen aus DDR-Zeiten, einem feuerverzinkten Lüftungsgitter und stapelbaren Weinregal aus hautfarbenem Plastik. Darin werde ich die Weißburgunderflaschen lagern, um mir den Termin für die Badezimmerfertigstellung 2020 schön zu trinken.

Dieser Text ist in der Zeitschrift „Wohnen“ erschienen. Das Headerfoto zeigt unser inzwischen fertiggestelltes Badezimmer.

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