Einer meiner nachhaltigen Vorsätze für 2021 lautet: Wirklich keinen Modeschmuck mehr kaufen. Dazu inspiriert hat mich Guya Merkle von Vieri Fine Jewellery. Früher habe ich mir zero Gedanken darüber gemacht, aus welchen Materialien mein Schmuck bestand. Ich habe einfach eine Tüte Schmuck bei den großen Modeketten gekauft, weil ich das Geklimper schön fand. Im Nachhinein habe ich mich geärgert, weil meine Haut die Accessoires nicht vertrug oder das Material innerhalb kurzer Zeit anlief.
An Weihnachten fiel es mir wie Schuppen von den Augen: Warum hole ich meinen guten Schmuck eigentlich nur an den Feiertagen raus? Ich sollte ihn jeden Tag tragen! Als Helix Piercing Fan trage ich vor allem Ohrringe. Für Zoom-Calls habe ich Ketten wiederentdeckt. Ich arbeite aber nicht nur mit meinem Schmuck, sondern mache Sport und schlafe damit. Das bedeutet: Meine Ansprüche in Sachen Haltbarkeit und Look sind hoch. Doch stattdessen schone ich meinen Echtschmuck und trage Fake-Gold.
Guya Merkle beeindruckt mich, weil sie als Schmuck-Unternehmerin die Langlebigkeit und Qualität ihrer Designs mit nachhaltigen Praktiken verbindet. Und zwar holistisch. Das bedeutet, dass ihre Firma Vieri Fine Jewellery bei ihren Designs nicht nur recyceltes Gold und Edelsteine verwendet, sondern in Projekte investiert, die nachhaltige Einkommensquellen für die Arbeiter*innnen in den Goldminen-Regionen in Peru oder Uganda schaffen. Guya Merkle ist davon überzeugt, dass Unternehmen mit solchen Impact-Projekten viel verändern können. Mehr dazu erzählt sie in unserem ausführlichen Interview!
Liebe Guya, Nachhaltigkeit und Luxus waren früher ein Widerspruch, man denke nur die Gewinnung von Pelz, Kaviar oder auch nicht zuletzt dein Thema Gold. Gibt es jetzt eine neue Definition, was Luxus ist?
Oh ja, ich denke unbedingt, dass der Begriff „Luxus“ ein Re-Branding braucht. Die Frage, die ich mir dabei gestellt habe, war: Kann man wirklich etwas als Luxus beschreiben, wenn entlang der Wertschöpfungskette nich alle oder alles das Bestmögliche davon haben? Und das ist leider in den seltensten Fällen bisher so. Daher finde ich, muss Luxus eben genau das machen: Das Beste für alle daran Beteiligten schaffen, inklusive der Umwelt.
Für mich geht es um ein Umdenken. Das sieht man ja auch um uns herum: Wir sind absolut gewillt mehr Geld zu investieren, wenn wir wissen, dass dadurch niemand zu Schaden kommt oder es sogar besser für uns ist. Das ist natürlich im Konsumgüterbereich noch etwas anders. Da sind wir nicht direkt davon betroffen, da es auf den ersten Blick keine direkte Auswirkung auf uns hat – anders als bei Essen oder Kosmetik.
„Aber genau da sollte der Luxus ja drin liegen, das wir es schaffen, durch die Herstellung und den Konsum von Produkten nicht nur darauf zu achten, dass die Inhaltsstoffe oder Ressourcen gut sind, sondern darüber hinaus noch mehr erschaffen wird. Also ein Wirken da entsteht, wo es am dringendsten entstehen muss. „Impact“ ist daher für mich der wahre Luxusbegriff.“
Du hast das über 70 Jahre alte Schmuckimperium deiner Familie geerbt und einen Relaunch als nachhaltiges Designerlabel gewagt. Du hättest dich aber auch ins gemachte Nest setzen und die traditionelle Richtung einschlagen können. Wieso war es für dich als Unternehmerin entscheidend, dass du einen neuen Weg gehst?
Das hat zwei Gründe gehabt, wobei mir ein Grund erst später klar wurde. Ich war 21 Jahre alt, als ich plötzlich damit konfrontiert wurde, das Unternehmen meines Vaters weiterzuführen. Ich hatte mich bis dahin nie mit Unternehmertum und Schmuck auseinandergesetzt. Auch wenn ich damit groß geworden bin, hat es mich schlicht weg nicht interessiert. Das alles hat dazu geführt, dass ich das Unternehmen richtig erfolgreich gegen die Wand gefahren habe. Und dann kam das emotionale Dilemma: das schlechte Gewissen, die Schuldgefühle. Also hab ich mich ganz bewusst mit dem Thema Schmuck auseinander gesetzt. Und bin so auf die nicht so schillernden Seiten aufmerksam geworden. Das Thema hat mich nicht mehr losgelassen, dann bin ich nach Peru und Uganda und habe mir Goldminen angeschaut.
„Ich war so heartbroken von dem, was ich da erlebt habe. Das ein so glänzendes und luxuriöses Business so viel Schaden anrichtet, wollte ich nicht akzeptieren und Zack! war die Idee geboren ein Label zu gründen, was es einfach anders macht.“
Beim Aufbau habe ich dann ich erst gemerkt, wie wichtig es war meine eigene Persönlichkeit mit rein zu bringen. Einfach das weiter zu machen, was meine Familie gemacht hat, ging gar nicht, denn es war nicht meins und das musste ich erst einmal herausfinden.
Welche Erfahrungen hast du als junge weibliche Unternehmerin in der Schmuckbranche gemacht? Inwieweit haben sie dich darin bestärkt, einer eigenen Vision zu folgen?
Am Anfang war es glaube ich mehr mein Alter, als der Fakt, dass ich eine Frau war, der es mir sehr schwer gemacht hat. Da kam so ein junges Mädel daher, und meinte: „So, das muss ja auch alles irgendwie anders gehen!“ Das wurde nicht mit Applaus angenommen. Ich glaube viele haben mich belächelt und waren davon überzeugt, dass ich bald schon wieder weg vom Fenster sein würde. Die Strukturen in der Branche sind super traditionell – neue Wege zu gehen, das dauert. Nach zwölf Jahren merke ich aber einen totalen Shift. Jetzt kriege ich wahnsinnig viel Support und Zuspruch. Das ist total schön, aber in der Tat hätte es mir viele graue Haare eingespart, wenn das von Anfang an da gewesen wäre. Es war ein echt krasser Kraftakt dranzubleiben.
Du hast dir damals die Frage gestellt: „Woher kommt eigentlich das Gold?“ und bist nach Südamerika geflogen. Warum hat diese Reise dein Leben verändert?
Diese Reise hat mir die Augen geöffnet. Ich bin da mit meinem kleinen Rimowa-Koffer mal eben nach Peru, um Goldminen anzuschauen – vollkommen realitätsfern und in meiner kleinen Bubble. Plötzlich so drastisch mit den Hard Facts unseres Systems konfrontiert zu werden, das hat echt gewirkt. Diese Reise hat meinen Blick auf die Welt verändert. Aber vor allem auch auf die Kraft, die wir haben, Dinge zu ändern, mit denen wir nicht d’accord sind. Immer wenn ich auf meinem Weg keine Kraft mehr hatte oder aufgeben wollte, habe ich mich gedanklich nach Peru begeben und dadurch immer wieder die Power gefunden weiter zu machen.
Die Diskrepanz zwischen glitzernden Diamantenohrringen in der Auslage eines Juweliergeschäfts und der Art, wie Gold und Edelsteine manuell von Leuten barfuss aus der Erde geholt werden, könnte größer nicht sein. 2012 hast du deshalb die Earthbeat Solutions Foundation gegründet. Zu welchen positiven Veränderungen hat sie beigetragen?
Die Stiftung und ihre Projekte tragen vor allem dazu bei, die ganze Thematik nicht mehr losgelöst voneinander zu betrachten, sondern zu verstehen, dass alles Einfluss aufeinander hat. Es geht zum einen darum aus nachhaltigen und ethisch korrekten Quellen zu produzieren, dass alleine ist ja schon ein Kraftakt und super wichtig.
Aber es löst die Probleme nicht auf der anderen Seite, wo eben 30 Millionen Menschen nach wie vor unter unwürdigen Bedingungen Ressourcen aus der Erde holen. Deshalb initiieren wir Projekte, die alternative Einkommensquellen fördern, so dass die Menschen die Wahl haben und die Selbstermächtigung ihr eigenes Leben zu gestalten. Ich denke auch, dass wir massgeblich daran beteiligt waren, das Thema überhaupt auf die Agenda zu bringen – vor allem beim Konsumenten. Und das macht mich schon ein bisschen stolz.
Du willst die Arbeiter*innnen nicht nur besser bezahlen und ausbilden, z.B. ihren eigenen Schmuck anzufertigen oder Bienen zu halten, sondern die menschenunwürdigen und umweltschädlichen Bedingungen in den Minen verbessern. Was braucht es, damit solche Impact-Projekte in Zukunft zum Standard werden?
Gute Beispiele. Ich denke immer, dass ein/e Unternehmer*in voran gehen muss, ausprobieren muss, Fehler machen muss und dabei zeigen kann, dass es möglich ist. Um die ganze Industrie zu revolutionieren, müssen natürlich alle mitmachen. Und das schafft man nur, in dem man zeigt, dass ein neues Modell erfolgreich sein kann. Um da hinzukommen braucht es aber natürlich auch noch andere Ressourcen wie Geld, Teampower und Reichweite.
Man braucht Quecksilber und Zyanid, um Gold aus dem Gestein zu lösen. Das ist hochgiftig. Wie gewinnt man dagegen „grünes“ Gold?
Es gibt quasi zwei Arten von „grünem Gold“: Das eine ist das Gold, das mit nachhaltigen Methoden aus der Erde gewonnen wird. Hier gibt es zum Beispiel Labels wie Fairtrade oder Fairmind. Die haben tolle Ansätze und einen großen Wirkungsbereich auf die einzelnen Communities. Nichtsdestotrotz holen wir damit eine endende Ressource aus dem Boden. Die zweite Lösung für nachhaltiges Gold ist das sogenannte „Urban Mining“.
Hier geht es darum, Gold, was schon da ist, wieder zu verwenden. Zum Beispiel aus Altgold, aber eben auch aus Mobiltelefonen, Computern etc. Ich finde das einen super spannenden Ansatz, weil die Kreislaufwirtschaft – also das Rückführen von bereits verwendetet Ressourcen in den Produktionskreislauf – eine Chance bietet auf die großen Themen der aktuellen Klimakrise anzugehen.
In einem Interview hast du gesagt, die Arbeiter sollen langfristig aus der Abhängigkeit des Goldabbaus befreit werden, um sich auf ihre Zukunft konzentrieren zu können. Bedeutet das, du willst Minen eigentlich am liebsten ganz abschaffen und im Sinne einer Kreislaufwirtschaft nur noch mit Recycling-Gold arbeiten?
Yes. Das ist in der Tat meine große Vision. Langfristig Konzepte und Kreisläufe zu schaffen, sodass wir keine neuen Rohstoffe mehr bauchen, sondern mit denen arbeiten können, die vorhanden sind. Dafür müssen viele Rädchen ineinander greifen. Die Produkte müssen in den Kreislauf zurückgeführt werden und wir müssen trotz allem Alternativen finden, für die Menschen finden, die trotzdem noch vom traditionellen Mining abhängig sind.
Inwieweit hat dich die Corona-Krise dazu gebracht, die Vision deines Unternehmens feinzutunen?
Für mich hat die Corona-Krise zwei Dinge deutlich werden lassen: Einmal klar zu sehen, wie wir eben doch alle miteinander verbunden sind. Wir leben in einer Welt, in der wir nicht mehr sagen können, dass es uns nichts angeht, was am anderen Ende passiert. Es ist alles so sehr verwoben, das sehen wir alleine dadurch, wie dieses Virus an jeden kleinen Fleck der Erde gekommen ist. Es ist daher um so wichtiger zu verstehen, dass unsere Entscheidungen und unser Tun so viel Einfluss auf die Art und Weise wie zum Beispiel Rohstoffe geschürft werden, oder Güter hergestellt werden, hat.
„Wir müssen uns dieser Kraft einfach mehr bewusst werden. Dann motiviert es wahnsinnig darüber nachzudenken, wie wir konsumieren wollen. Die Krise hat mich also bestärkt, genau so weiter zu machen und noch klarer zu kommunizieren.“
Was sie noch gezeigt hat ist, dass wir uns alle so viel mehr wertschätzen sollten und uns dafür belohnen dürfen. Wir mussten auf so vieles verzichten, da kommt Schmuck gerade richtig, um uns selber wertzuschätzen und Werte zu schaffen, die für immer bleiben. Genau diese beiden Themen will ich noch mehr miteinander verknüpfen. Denn am Ende geht es um die Wertschätzung. Das finde ich total schön.
Angesichts von nicht stattfindenden Events frage ich mich: Brauchen wir noch Promis, die uns auf dem Roten Teppich vormachen, dass sich Luxus und Nachhaltigkeit nicht mehr ausschließen oder wer sind deiner Meinung nach die wichtigsten Botschafter*innen für diese Bestrebung?
Ich bin schon ganz lange der Meinung, dass Promis nicht die wahren Botschafter einer Marke sind. Ganz am Anfang habe ich mich natürlich total bemüht meinen Schmuck auf die roten Teppiche dieser Welt zu kriegen – und das mit Erfolg. Neben der deutschen Prominenz haben tatsächlich Rihanna und Emma Watson meinen Schmuck getragen. Das war natürlich super cool, aber wirklich gebracht hat es nichts.
Ich denke viel eher, dass die Frauen, die meinen Schmuck kaufen und tragen, die viel wichtigeren Botschafter*innen sind. Sie sind die, die überzeugt sind von der Botschaft und dem Design und die darüber reden und die Themen mit ihren Freund*innen teilen. Das ist so viel wichtiger und deshalb habe ich schon lange aufgehört Zeit in Placements zu stecken und widme sie lieber meinen Kund*innen.
Vieri Schmuckstücke bestehen aus 18 Karat recyceltem Roségold, Gelbgold und Weißgold. Aus was wird das Gold recycelt?
Die meisten Schmuckstücke sind aus sogenanntem „Sekundärgold“ hergestellt. Das stammt aus Altgold, also altem Schmuck und Produktionsabfällen, aber auch hier und da aus medizinischen Gerätschaften. Es gibt so genannte Scheideanstalten; so nennt man die Unternehmen, die Altgold wieder in ihre Bestandteile „scheiden“, also das Feingold aus der Legierung heraus trennen.
„In Deutschland ist das sehr weit verbreitet und das liegt vor allem am Wert des Goldes, dass es immer wieder benutzt wird. Ich wollte aber noch einen Schritt weiter gehen, und habe daher für eine erste Kollektion so genanntes „Urban Mining“-Gold benutzt. Das ist Gold, welches quasi nicht aus der Erde geschürft wird, sondern aus Produkten, die schon hergestellt wurden und kaputt gehen. In meinem Fall sind das alte Handys und Smartphones.“
In jedem dieser Geräte ist Gold verbaut. Zwischen 0.028 – 0.034 Gramm. Wenn man ein paar Telefone sammelt, kann man also Schmuck daraus machen. Das ist das, was mich antreibt. Das sind genau die Ideen, die ich liebe und die zukunftsweisend für mich sind. Mein Ziel: Alle Kollektionen aus dieser Art von Gold herzustellen.
Inzwischen gibt selbst bei den großen Modeketten günstigen Schmuck, der „vergoldet“ ist. Das gilt z.B. für Ohrringe, die es im 10er Pack gibt. Welche Qualitätsunterschiede siehst du als Expertin und warum sollte man davon vielleicht doch lieber die Finger lassen, selbst wenn der Preis ein Schnäppchen zu sein scheint?
Ich als super Schmucki und vor allem Nachhaltigkeits- und Impact-Liebhaberin halte gar nichts von Modeschmuck. Vor allem nicht vergoldeten Schmuck. Ich weiss, dass die Preise super anziehend sind und dass sich nicht jeder einfach mal so Echtschmuck leisten kann. Aber ich finde, man muss es immer langfristig betrachten. Es gibt tollen Modeschmuck bei fairen Labels, wie zum Beispiel Folkdays. Das ist super, weil hier ein übergeordnetes Ziel verfolgt wird und sich alles um Impact dreht. Aber beim Vergolden muss man super vorsichtig sein. Es ist immer nur eine hauchdünne Schicht Gold, die in einem Goldbad überzogen wird. Vor allem bei Ringen nutzt sie sich sehr schnell ab und dann hat man ein fleckiges und schäbig aussehendes Schmuckstück.
Zudem können Allergiker Probleme bekommen, da das Material eben nicht so rein ist. Am Ende führt es dazu, dass man immer mehr davon kauft, weil es ja so „günstig“ ist. Wenn man dann aber nach ein paar Jahren mal zusammenzählt, wie viel Geld man dafür ausgegeben hat, hätte man sich wahrscheinlich aus ein Schmuckstück aus Echtgold kaufen können. Es ist einfach kein langlebiges Produkt und somit nicht sonderlich dienlich. Zudem stammt das Gold aus dem Goldbad meist aus undefinierbaren Quellen und man weiss nie, was alles beigemischt wird.
Warum ist 18 Karat Gold ein Qualitätsmerkmal von Vieri Fine Jewellery?
18 Karat ist die Königsklasse. Es bezeichnet den höchsten Feingoldanteil den man haben kann und bedeutet, dass nur 250 Anteile anderer Metalle darin verarbeitet wurden. Diesen Anteil braucht man einmal, um das Gold zu härten, denn Feingold ist sehr weich. Andererseits kann man damit die Farbe des Goldes bestimmen. Es gibt auch Schmuckstücke aus 8 Karat Gold, davon würde ich aber die Finger lassen, da zum Beispiel bei Roségold viel zu viel Kupfer beigemischt wird. Kupfer reagiert mit Schweiss und hinterlässt oft dunkle Verfärbungen.
14 Karat ist so genannter „Semi-Fine Schmuck“. Es hat einen Anteil von 585 anderen Metallen. Wenn es gut hergestellt ist, ist das eine tolle Alternative und eben etwas günstiger als 18 Karat. Wenn man aber in ein tolles Stück investieren will, dass für immer bleibt, dann würde ich immer auf die 18 Karat gehen.
Auch für die Steine gehst du Kooperationen mit Minen ein oder verwendest Vintage-Steine. Woher stammen die denn? Es gibt ja keine Sammeltonne für Omas alte Ringe – oder doch?
Wir nutzen vor allem Saphire, die aus einer kleinen Kooperative in Sri Lanka stammen. Eine Münchner Familie betreibt die Mine gemeinsam mit einer Sri Lankesischen Mine. Die Qualität ist hervorragend, da aus Sri Lanka schon seit jeher die besten Saphire stammen. Diese Mine ist neben der Qualität super fokussiert auf nachhaltige Abbau und Schleif-Methoden. Man kann die Mine besuchen – das steht an, sobald wir wieder reisen dürfen.
Zudem verwenden wir Diamanten sehr selten, und wenn, dann sind es Diamanten, die wir aus Nachlässen kaufen – also Steine, die schon einmal verbaut waren oder die eben aus Minen kommen, die man zumindest identifizieren kann und weiss, dass die Arbeitsbedingungen ok sind. Aber da bin ich noch ganz und gar nicht happy mit. Es ist einfach zu undurchsichtig.
Ein großen Teil beziehen wir deshalb doch aus Omas alter Ringtonne. Es gibt zwar noch eine Recyclingstätte für alten Schmuck, aber auch viele Juweliere und Goldschmiede, die alt Schmuck ankaufen und die Steine dadurch wieder auf den Markt bringen.
Wie überzeugst du in diesem Zusammenhang skeptische Schmuck-Kund*innen, die lieber etwas „Neues“ statt „Gebrauchtes“ kaufen wollen?
Das Schöne an Echtschmuck sind die Materialien und ihre Eigenschaften. Wir sprechen hier von Rohstoffen wie Gold und Edelsteinen, die in tausenden bis Millionen von Jahren in der Erde entstanden sind. Wenn man sich das so verdeutlicht, wird man total ehrfürchtig.
„Die Schätze der Natur sind niemals Wegwerfprodukte. Man kann sie immer und immer wieder aufbereiten und weiter verwenden.“
Insofern ist es in diesem Zusammenhang schwierig von „Neu“ und „Gebraucht“ zu sprechen. Manche Kund*innen mögen sogar diesen Vintage-Charakter; es gibt tolle Läden dafür. Wenn man es nicht so mag, muss man es dem Schmuckstück auch nicht ansehen, dass es eine Vorgeschichte hat.
Gold wird seit seinem Gebrauch recycelt, allein seiner Wertigkeit und Eigenschaften geschuldet. Es ist im Vergleich zu anderen Materialien sehr einfach zu scheiden – so nennt man den Vorgang, wenn das Feingold vom Rest der Metalle in der Goldlegierung getrennt wird. Aus dem Feingold, das Qualitativ exakt gleich ist, wie Feingold, das gerade frisch aus der Erde kommt, wird dann wieder eine Legierung gemacht und daraus das Schmuckstück gegossen.
Bei Steinen ist es ähnlich. Durch ihre Zusammensetzung gehen diese nicht einfach kaputt. Wenn doch mal eine Macke darin sein sollte, dann kann man den Stein nachschleifen, reinigen und sogar energetisch wieder flott machen.
Es gibt also genügend Argumente für die Wiederverwendung der einzelnen Komponenten in Schmuckstücken. Zudem finde ich es wahnsinnig faszinierend, wenn man sich vorstellt, dass Gold schon seit dem Alten Ägypten wieder verwendet wird, und man vielleicht auch etwas Gold in seinem Ehering hat, welches schon mal in einem Ring von Kleopatra war.
Jedes Schmuckstück von Vieri ist eine persönliche Anfertigung. Warum hast du dich gegen Lagerware entschieden, wo doch sonst im Onlinehandel sofortige Verfügbarkeit und Expressversand von vielen Kund*innen erwartet werden?
Das hat mehrere Gründe: Zum einen ist es eine Investment-Frage. Zum Anderen ist es eine Frage der Wertschätzung. Ich finde es total schön, ein Schmuckstück für eine/n Kund*in anzufertigen. Das hat etwas Wertiges. Wir haben dadurch die Möglichkeit auf besondere Wünsche einzugehen, Farben individuell anzupassen und die Kunden ganzheitlicher zu beraten. Am Ende weiß man dann einfach, dass in ein Schmuckstück viel Liebe und Aufmerksamkeit geflossen ist. Und ich finde, dass wird dem Produkt per se – aber auch den besonderen Momenten dahinter – einfach gerechter.
Am 15.11. findet jedes Jahr der World Gold Day statt: Welche Botschaft trägt die dazu von dir gegründete Kampagne #begolden?
Mir ist es total wichtig das ganze Thema Nachhaltigkeit und Verantwortung in der Schmuckindustrie ganzheitlich anzugehen. Meine Vision ist es ja langfristig wirklich nur noch auf Recyceltes sogenanntes „Urban Mined Gold“ – zu gehen und den Kleingoldbergbau abzuschaffen. Das ist natürlich eine gewagte Prognose und die wird sich langfristig nur dann umsetzen lassen, wenn wir es schaffen den jährlichen Goldverbrauch durch Recycling zu decken. Noch sind wir davon weit entfernt.
„Das liegt vor allem daran, dass Gold oft einfach irgendwo rumliegt und nicht wirklich „arbeitet“. Ein gutes Beispiel hierfür ist die Finanzbranche. Bislang habe ich mir aber nicht getraut, mich auf unser Finanzsystem zu stürzen, daher konzentriere ich mich erst einmal auf etwas, was einfacher umzusetzen ist. Gold befindet sich nämlich auch in Handys, Laptops und Computern. Und die liegen oft kaputt oder ungenutzt zu Hause rum.“
Darauf will der World Gold Day in erster Linie aufmerksam machen: Eine Sensibilisierung für die Rohstoffe, die uns unser Leben erleichtern und einen achtsamen und verantwortungsvollen Umgang damit. In diesem Jahr ist eine große Sammelaktion geplant. Die Spenden, die wir über die kaputten Handys akquirieren können, fliessen dann wiederum in die alternativen Impact-Projekte vor Ort.
Rohgold ist, wie andere Rohstoffe auch, eine limitierte Ressource. Was machen wir, wenn es irgendwann kein Gold mehr gibt?
Wie so oft wird sich dann zeigen, dass es eben doch geht und zwar mit den Ressourcen, die wir schon haben. Dann wird Gold recycelt und aufbereitet und somit immer wieder dem Kreislauf zugespielt. Ich wünschte mir nur so sehr, dass wir damit nicht erst warten, bis kein Gold mehr in der Erde ist und der letzte Baum im Regenwald dafür gefällt wurde. Es ist möglich, also lasst es uns doch jetzt schon machen!
Inwieweit konsumierst du nachhaltig in deinem eigenen Leben? Welche Grundsätze sind dir in deinem Alltag als Mutter eines kleinen Sohnes in einer Stadt wie Berlin wichtig?
Ich versuche wirklich sehr nachhaltig zu leben, mir da aber auch keinen Druck zu machen. Ich finde, das Leben sollte in erster Linie Spass machen. Deshalb versuche ich eher nach Lösungen zu suchen, statt mich in Verzicht zu üben. Wir kaufenzu 100% biologisch und regional ein. Ich fahre ein kleines Elektroauto, wir trennen Müll und ich überlege wirklich fünf Mal, bevor ich mir neue Klamotten kaufe.
Da gibt es einfach so tolle Möglichkeiten: Sei es Secondhand, wie zum Beispiel über den Sustainable Instamarket, den ich mit Janine Dudenhöfer ins Leben gerufen habe, oder nachhaltig produzierte Kleidung. Auch da habe ich mich vor ein paar Jahren an dem Marketplace The Wearness beteiligt. Fast Fashion kaufe ich auch fürs Kind nicht, da gibt es einfach zu viele Möglichkeiten, um dieses System nicht zu unterstützen.
Ein tolles Buch, was mir dabei geholfen hat, mich von überflüssigem Konsum zu lösen, war übrigens „Eine neue Erde“ von Eckhart Tolle. Da beschreibt er vor allem das Ego, das wir alle in uns haben und das uns immer wieder vorgaukelt, dass wir uns mit Dingen identifizieren müssen. Wenn man damit etwas bewusster umgeht und sich immer wieder fragt „Brauche ich das jetzt wirklich und will ich das nur haben, um mich kurzfristig besser zu fühlen oder mich zu behaupten?“, verändert das schon viel.
Letzte Frage: Welches Vieri Schmuckstück trägst du heute und welches Gefühl verleihen es dir?
Ich trage – wie meistens tagsüber – meine kleinen Vieri Midi Hoops in Roségold mit kleinen Diamanten. Sie geben mir das gewisse Etwas an Selbstbewusstsein, weil sie meine Haltung verändern und mir ein gutes Gefühl geben. Wenn ich die trage, reicht mir oft nur ein kleines bisschen Lippenstift und ich fühle mich gewappnet für den Tag. Genau das ist es, was Schmuck mit einem machen kann.