Für Hausbesitzer*innen, so sagt man es zumindest in unserer mittelbrandenburgischen Nachbarschaft, gibt es für die Instandsetzung des Eigentums ein paar Faustregeln. Eine Gastherme hält ungefähr 15 Jahre, Fenster sollten nach 20 Jahren ausgetauscht werden und eine Einbauküche verlangt spätestens nach 25 Jahren ein Update. Beim Dach hat man dagegen ein wenig mehr Zeit: Das braucht erst nach 30 Jahren neue Ziegel.
Bei diesen Berechnungen scheinen jedoch keine Winterstürme inklusive Schneeverwehungen berücksichtigt worden zu sein. Wir müssen drei Jahre nach unserem Einzug in die Villa Peng wohl ein neues Dach anschaffen. Nachdem das Tief Tristan über Deutschland gezogen war, konnten wir nämlich nicht nur vor dem Haus, sondern auch auf dem Dachboden Schneeschieben.
Der Flugschnee hatte sich durch die Dachpfannen gedrückt, dabei die Folie zerrissen und lag unschuldig glitzernd zwischen alten Holzkisten, rostigen Antennen und von Spinnennetzen umwebten Skiern. Unsere Tochter juchzte vor Begeisterung, erinnerten sie die Schneehaufen im Haus an eine Szene aus ihrem Lieblingsfilm „Die Eiskönigin“, in dem zwei Prinzessinnen in einem Ballsaal mitten in der Nacht einen Schneemann namens Olaf bauen, rodeln und Schlittschuh laufen.
Mein Mann, den ich panisch vom Sofa aufgescheucht hatte, verfiel in jene schweigende Konzentrationsstufe, die er nur erreicht, wenn etwas am Haus nicht in Ordnung ist. Mit Schaufel und Kehrblech bewaffnet kletterte er die Treppe nach oben, verschaffte sich wie ein SEK-Beamter in Hausschuhen einen Überblick über den Schaden und begann dann, pragmatisch wie er nun mal ist, den Schnee kurzerhand aus dem Fenster zu schippen. Das muss vom Garten betrachtet ein lustiges Bild gewesen sein: rechts rauchte der Schornstein, links flog untermalt von Flüchen meines Mannes Schnee aus dem Dachfenster. Noch lachte ich.
Unser inzwischen ziemlich geschrumpftes Budget hatte es bislang nicht erlaubt, diesen Raum des Hauses zu renovieren, weshalb man bei uns unter dem Dach über Holzbalken und einem dünnen Lehmboden balanciert. Da im Erdgeschoss bei winterlichen immer der Ofen brennt, um das Haus schön muckelig aufzuheizen, dauerte es nicht lange und das Schmelzwasser verwandelte den Untergrund des Dachbodens ähnlich dem eines Schweinestalls.
Was dann aus dem Fenster flog, war nicht mehr pulvrig weiß, sondern matschig braun. Die Soße sickerte auch innen langsam durch die Decke nach unten und verwandelte den in einem matten Creme-Ton gestrichenen Flur in ein ganz und gar nicht mehr instagramtaugliches Motiv. Jetzt fluchte auch ich.
Nun ist sich die Versicherung nicht einig, was schlimmer wiegt: Der Schneesturmschaden oder das Wasserschaden? Aktueller Zwischenstand: Das Hineinwehen von Schnee ist weder in der Wohngebäudeversicherung, noch in der Hausratversicherung versichert. Da bleibt uns ja ein neues Dach, oder?
Dieser Text ist in der Zeitschrift „Wohnen“ erschienen.
Ach du heilige Schei**! Wie ist da denn jetzt der Stand?