Kolumne: „Was würdest du tun, wenn du keine Angst hättest?“

Kolumne: „Was würdest du tun, wenn du keine Angst hättest?“

Dieser Satz ist mir im Kopf geblieben, nachdem ich ihn in dem Pitch von Jennifer Baum-Minkus, der Gründerin des veganen Nagellacklabels Gitti, bei „Die Höhle der Löwen“ gehört habe. Ihre Antwort: „Glitzernagellack“. Peinlich? Gar nicht, denn inzwischen hat die Unternehmerin drei Millionen Euro Investment-Kapital für ihre Idee eingesammelt. Meine Antwort hatte ich übrigens auch sofort im Kopf. „Bücher schreiben.“ Und Flori sagte: „Ein Hotel“.

Was würdest du auf die Frage antworten? Ich befinde mich an einem Punkt in meinem Leben, in dem ich meine berufliche Laufbahn auf den Prüfstand stelle. Was habe ich bisher erreicht ist mir dabei nicht so wichtig als: Wo will ich noch hin? Der Sinn meiner Tätigkeit verliert sich allzu oft im Alltagsgeschäft. Ich muss Geld verdienen, klar. Aber als Kreative möchte ich nicht nur meine Familie versorgen und Erfolg haben, sondern Erfüllung in meinem Beruf spüren.

Im Zeitalter der Digitalisierung und der Selbstbeweihräucherung über die Sozialen Medien ist das oftmals nicht so einfach, denn die Zerstreuung führt bei mir dazu, dass die Uhr plötzlich auf 15 Uhr steht und ich den ganzen Tag gefühlt nichts gemacht habe, außer Bürogedöns und Instagram, wobei das inzwischen für mich auch Arbeit bedeutet.

Aber anders als eine Bäckerin kann ich nach meinem Feierabend nicht auf ein Regal mit frischen Broten schauen, sondern nur weiter auf der nächsten Ideen kauen. Eine neue Kolumne ist fertig, aber noch nicht gedruckt, die Arbeit an meinem neuen Buch läuft konfus bis schleppend, neue Kooperationen sind noch in Verhandlungen…

„Du lebst gerade deinen Traum, merkst du das eigentlich?“, erinnerte mich Flori beim Abendessen.

Er hat Recht. Wir leben in unserem Traumhaus ein Leben voller Privilegien, unser Kind wird mit Landluft in der Nase groß und wir beide können mehr oder weniger die Jobs machen, auf die wir Lust haben. Und ich gebe mich trotzdem nicht zufrieden? Bin ich wirklich so undankbar?

Kleines Experiment: Das Wort „Angst“ in der Fragestellung mit „Sorge“ oder „Gedanken“ auszutauschen. Wie fällt dann die Antwort aus? Ich sage: „Es geht immer irgendwie weiter.“ Und deshalb mache ich an dieser Stelle genau so weiter wie bisher. Das kann nur eine Momentaufnahme sein, denn wer von uns weiß schon, was morgen ist. Die Zuversicht ist ein Gefühl, das ich mir in diesen Tagen deshalb besonders zu Herzen nehme. Und nicht die Angst.

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